Pseudogicht: Ursachen, Symptome und was es ist

Pseudogicht, medizinisch auch als Chondrokalzinose bekannt, ist eine weitverbreitete, jedoch häufig unterschätzte Erkrankung, die weltweit Millionen von Menschen betrifft. Trotz ihrer Prävalenz bleibt sie im Schatten ihrer bekannteren Verwandten, der Gicht. Doch die Pseudogicht verdient ebenso viel Aufmerksamkeit, da sie schwere Gelenkschmerzen und langfristige Beeinträchtigungen verursachen kann.

Pseudogicht tritt überwiegend bei älteren Erwachsenen auf, wobei die Wahrscheinlichkeit des Auftretens mit zunehmendem Alter steigt. Schätzungen zufolge sind bis zu 50 % der Menschen über 85 Jahren von dieser Erkrankung betroffen, was sie zu einer der häufigsten Formen von entzündlicher Arthritis in dieser Altersgruppe macht.

Pseudogicht: Ursachen, Symptome und was es ist

Was ist Pseudogicht?

Pseudogicht, auch als Chondrokalzinose bezeichnet, ist eine Form von entzündlicher Arthritis, die durch die Ablagerung von Kalziumpyrophosphatkristallen in den Gelenken ausgelöst wird. Diese Kristalle, die sich im Gelenkknorpel und in der umgebenden Gelenkflüssigkeit ansammeln, können schmerzhafte Entzündungen verursachen, die oft mit den Symptomen der klassischen Gicht verwechselt werden. Doch trotz der ähnlichen klinischen Erscheinung handelt es sich um zwei unterschiedliche Krankheitsbilder.

Während Gicht durch Harnsäurekristalle verursacht wird, die sich in den Gelenken ablagern, entsteht Pseudogicht durch Kalziumpyrophosphatkristalle. Die Ursache für die Bildung dieser Kristalle ist noch nicht vollständig geklärt, doch man weiß, dass Alter, genetische Prädisposition und bestimmte Stoffwechselstörungen eine Rolle spielen. Menschen über 60 sind besonders häufig betroffen, und die Wahrscheinlichkeit einer Pseudogicht steigt mit zunehmendem Alter. Frauen sind nach der Menopause häufiger betroffen als Männer, was auf hormonelle Einflüsse hinweisen könnte.

Pseudogicht kann in verschiedenen Gelenken auftreten, betrifft jedoch am häufigsten das Knie, gefolgt von Handgelenken, Ellenbogen, Schultern und Sprunggelenken. Diese Erkrankung zeigt sich oft in Form von akuten Schüben, kann jedoch auch chronisch verlaufen und über Jahre hinweg wiederholt auftreten.

Wie Pseudogicht diagnostiziert wird

Die Diagnose von Pseudogicht stellt eine besondere Herausforderung dar, da die Symptome dieser Erkrankung denen anderer Formen von Arthritis, insbesondere der Gicht, stark ähneln. Eine präzise und frühzeitige Diagnose ist jedoch entscheidend, um eine angemessene Behandlung zu gewährleisten und die Lebensqualität der Betroffenen zu erhalten.

Um die Diagnose zu bestätigen, greifen Mediziner häufig auf bildgebende Verfahren zurück. Röntgenaufnahmen sind dabei eine der am häufigsten verwendeten Methoden. Sie können Kalziumpyrophosphatkristalle in den Gelenken sichtbar machen, die als typische „chondrocalcinosis“ (Knorpelverkalkung) erscheinen. Diese Kristallablagerungen sind oft im Knorpel, den Menisken oder der Gelenkkapsel zu sehen und geben einen deutlichen Hinweis auf Pseudogicht.

Neben dem Röntgen wird zunehmend auch der Ultraschall als diagnostisches Werkzeug genutzt. Der Ultraschall bietet den Vorteil, dass er Kristallablagerungen und entzündliche Veränderungen in Echtzeit darstellen kann, was eine genaue Beurteilung des betroffenen Gelenks ermöglicht. Auch die Magnetresonanztomographie (MRT) kann eingesetzt werden, insbesondere wenn tieferliegende Strukturen betroffen sind oder eine detailliertere Darstellung der Gelenkstrukturen erforderlich ist.

Die definitive Diagnose von Pseudogicht erfolgt häufig durch die Analyse der Gelenkflüssigkeit, die aus dem betroffenen Gelenk entnommen wird. Diese sogenannte Gelenkpunktion ist ein minimalinvasiver Eingriff, bei dem eine kleine Menge der Synovialflüssigkeit entnommen wird. Unter dem Mikroskop werden in dieser Flüssigkeit die charakteristischen Kalziumpyrophosphatkristalle identifiziert. Diese Kristalle sind meist rhomboid oder stäbchenförmig und haben eine schwach positive Doppelbrechung unter polarisiertem Licht, was sie von den nadelförmigen Harnsäurekristallen der Gicht unterscheidet.

Labortests und Blutuntersuchungen

Zusätzlich zu den bildgebenden Verfahren und der Gelenkflüssigkeitsanalyse können Blutuntersuchungen wertvolle Informationen zur Diagnose von Pseudogicht liefern. Ein erhöhter Kalziumspiegel im Blut könnte beispielsweise auf eine Hyperkalzämie hinweisen, die das Risiko für die Entwicklung von Kalziumpyrophosphatkristallen erhöht. Ebenso könnten Veränderungen im Phosphatstoffwechsel, wie sie bei Erkrankungen der Nebenschilddrüsen auftreten, weitere Hinweise auf die Entstehung von Pseudogicht geben.

Es ist wichtig zu betonen, dass keine einzelnen Blutwerte die Diagnose von Pseudogicht bestätigen können, doch sie liefern zusätzliche Informationen, die in Kombination mit den anderen diagnostischen Verfahren zur Klärung des Krankheitsbildes beitragen.

Ursachen der Pseudogicht

Im Zentrum der Pseudogicht steht die Ablagerung von Kalziumpyrophosphatkristallen (CPP) in den Gelenken. Diese Kristalle entstehen, wenn sich Kalzium und Pyrophosphat, eine Substanz, die natürlicherweise im Körper vorkommt, unter bestimmten Bedingungen zu festen Kristallen verbinden.

Der genaue biochemische Prozess, der zur Kristallbildung führt, ist komplex und wird noch intensiv erforscht. Es wird angenommen, dass eine gestörte Homöostase des Kalzium- und Phosphathaushalts eine Schlüsselrolle spielt. Ein Überschuss an Pyrophosphat oder eine unzureichende Entfernung von Pyrophosphat aus den Gelenken könnte die Kristallbildung begünstigen. Diese Störungen treten besonders in alternden Gelenken oder solchen, die durch vorbestehende Erkrankungen bereits geschädigt sind, auf.

Studien haben gezeigt, dass bestimmte genetische Mutationen die Anfälligkeit für die Ablagerung von Kalziumpyrophosphatkristallen erhöhen können. Diese genetischen Veränderungen können die Produktion oder den Abbau von Pyrophosphat beeinflussen, was zu einer übermäßigen Kristallbildung in den Gelenken führt.

Verbindungen zu anderen Erkrankungen: Sekundäre Ursachen

Pseudogicht tritt oft in Verbindung mit anderen chronischen Erkrankungen auf, die den Stoffwechsel von Kalzium und Phosphat beeinflussen. Zu den häufigsten Begleiterkrankungen gehören:

  • Hyperparathyreoidismus: Eine Überfunktion der Nebenschilddrüsen, die zu einem erhöhten Kalziumspiegel im Blut führt, kann das Risiko für die Bildung von Kalziumpyrophosphatkristallen erhöhen.
  • Hypomagnesiämie: Ein niedriger Magnesiumspiegel im Blut ist ein weiterer Risikofaktor, da Magnesium eine schützende Wirkung gegen die Kristallbildung hat.
  • Hämochromatose: Diese genetische Erkrankung, die zu einer übermäßigen Eisenspeicherung im Körper führt, wird ebenfalls mit einem erhöhten Risiko für Pseudogicht in Verbindung gebracht.
  • Schilddrüsenunterfunktion: Eine Unterfunktion der Schilddrüse kann den Kalziumstoffwechsel beeinflussen und somit zur Kristallbildung beitragen.

Darüber hinaus kann auch Osteoarthritis, eine weit verbreitete degenerative Gelenkerkrankung, die Anfälligkeit für Pseudogicht erhöhen. In vielen Fällen entwickeln Patienten mit Osteoarthritis zusätzlich Pseudogicht, was die Symptome verschlimmern und die Gelenkschädigung beschleunigen kann.

Symptome der Pseudogicht

Das charakteristischste Symptom der Pseudogicht sind plötzliche, akute Gelenkschmerzen. Diese Schmerzen treten meist unerwartet auf und sind oft so intensiv, dass das betroffene Gelenk nahezu unbeweglich wird. Typischerweise sind große Gelenke wie das Knie betroffen, aber auch Handgelenke, Ellenbogen, Schultern und Knöchel können in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Schmerzen werden von einer erheblichen Schwellung und Rötung des Gelenks begleitet, was auf die zugrunde liegende Entzündung hinweist.

Diese akuten Schmerzepisoden, die als Pseudogichtattacken bezeichnet werden, können mehrere Tage andauern. Die Intensität der Symptome kann variieren, und in einigen Fällen sind die Schmerzen so stark, dass der Betroffene das betroffene Gelenk kaum bewegen kann. Diese Schübe treten häufig nach einer Verletzung oder Operation auf, können jedoch auch spontan auftreten, ohne erkennbare Auslöser.

Neben den akuten Schüben kann Pseudogicht auch zu chronischen, weniger intensiven Gelenkschmerzen führen, die über Wochen oder sogar Monate anhalten.

  • Schwellung und Gelenkerguss
    Ein weiteres häufiges Symptom der Pseudogicht ist die Schwellung des betroffenen Gelenks, die durch die Ansammlung von entzündlicher Flüssigkeit (Gelenkerguss) verursacht wird. Diese Schwellung kann mit einer Erwärmung des Gelenks einhergehen und das betroffene Gebiet empfindlich gegenüber Berührung machen. Gelenkergüsse bei Pseudogicht können im Rahmen einer Gelenkpunktion abgelassen werden, was die Schmerzen und Schwellungen kurzfristig lindern kann. Dieser Eingriff ermöglicht zudem die Analyse der Gelenkflüssigkeit, was für die Diagnose von Pseudogicht entscheidend ist.
  • Beteiligung mehrerer Gelenke
    Obwohl Pseudogicht häufig nur ein Gelenk betrifft, kann die Erkrankung auch in mehreren Gelenken gleichzeitig auftreten, was als Polyarthritis bezeichnet wird. Diese Form der Pseudogicht ist besonders belastend, da sie zu einer generalisierten Gelenksteifigkeit und erheblichen Bewegungseinschränkungen führen kann.
  • Fieber und allgemeines Unwohlsein
    In einigen Fällen kann Pseudogicht auch systemische Symptome wie leichtes Fieber und allgemeines Unwohlsein hervorrufen. Diese Symptome sind in der Regel weniger ausgeprägt als die Gelenkschmerzen, können jedoch auf eine ausgedehnte entzündliche Reaktion im Körper hinweisen.

Behandlungsmöglichkeiten bei Pseudogicht

Pseudogicht, eine schmerzhafte und oft einschränkende Form der Arthritis, erfordert eine gezielte und umfassende Therapie, um die Symptome zu lindern und das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen. Obwohl Pseudogicht derzeit nicht heilbar ist, stehen verschiedene Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung, die sowohl akute Schmerzepisoden als auch chronische Beschwerden effektiv managen können.

Medikamentöse Therapie: Die erste Verteidigungslinie

1. Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAIDs): NSAIDs wie Ibuprofen und Naproxen sind die Standardmedikamente zur Linderung der akuten Schmerzen und Entzündungen bei Pseudogicht. Sie wirken, indem sie die Produktion von Prostaglandinen hemmen, die eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Entzündungen spielen.

2. Kortikosteroide: Bei schwereren Schüben oder wenn NSAIDs nicht ausreichend wirksam sind, können Kortikosteroide zum Einsatz kommen. Diese starken entzündungshemmenden Medikamente können entweder oral eingenommen oder direkt in das betroffene Gelenk injiziert werden.

3. Colchicin: Colchicin, ein Medikament, das traditionell zur Behandlung von Gicht eingesetzt wird, kann auch bei Pseudogicht wirksam sein. Es wird oft in niedrigen Dosen zur Vorbeugung von Schüben verwendet, da es die Migration von weißen Blutkörperchen in das entzündete Gelenk hemmt und somit die Entzündungsreaktion abschwächt.

Physikalische Therapie und Rehabilitation: Beweglichkeit erhalten

Neben der medikamentösen Behandlung spielt die physikalische Therapie eine entscheidende Rolle im Management der Pseudogicht. Ziel ist es, die Beweglichkeit der betroffenen Gelenke zu erhalten und die Muskelkraft zu stärken, um zukünftigen Schüben vorzubeugen.

1. Physiotherapie: Durch gezielte Übungen, die unter Anleitung eines Physiotherapeuten durchgeführt werden, können die Gelenke mobilisiert und Muskelatrophien verhindert werden.

2. Kälte- und Wärmetherapie: Kälteanwendungen können helfen, akute Schmerzen und Schwellungen zu reduzieren, indem sie die Durchblutung verringern und die entzündliche Reaktion abschwächen. Wärmetherapie hingegen kann bei chronischen Verläufen eingesetzt werden, um die Steifigkeit der Gelenke zu reduzieren und die Durchblutung zu fördern, was die Heilung unterstützt.

3. Ergotherapie: In Fällen, in denen die Pseudogicht die Funktion der Hände oder anderer wichtiger Gelenke beeinträchtigt, kann Ergotherapie dazu beitragen, die Selbstständigkeit im Alltag zu erhalten. Der Ergotherapeut entwickelt individuelle Strategien und Hilfsmittel, die den Patienten helfen, alltägliche Aufgaben trotz der Einschränkungen durch die Erkrankung zu bewältigen.

Operative Eingriffe: Eine Option bei schweren Fällen

In besonders schweren Fällen, in denen die konservativen Behandlungsmethoden nicht ausreichend wirken oder das Gelenk durch wiederholte Schübe irreparabel geschädigt ist, kann ein chirurgischer Eingriff in Erwägung gezogen werden.

1. Arthroskopische Gelenkspülung: Bei dieser minimalinvasiven Methode wird das betroffene Gelenk gespült, um Kalziumpyrophosphatkristalle und entzündliche Rückstände zu entfernen.

2. Gelenkersatz: In Fällen, in denen das Gelenk stark zerstört ist, kann ein Gelenkersatz notwendig sein, insbesondere bei größeren Gelenken wie dem Knie oder der Hüfte.

FAQ

Ist Pseudogicht heilbar?
Nein, Pseudogicht ist derzeit nicht heilbar, aber die Symptome können durch Medikamente und Physiotherapie gut kontrolliert werden.
Kann ich Pseudogicht durch Ernährung beeinflussen?
Eine ausgewogene Ernährung kann das Risiko der Kristallbildung verringern, aber sie kann Pseudogicht nicht vollständig verhindern.
Wie unterscheidet sich Pseudogicht von Arthrose?
Pseudogicht und Arthrose betreffen beide die Gelenke, aber sie haben unterschiedliche Ursachen. Pseudogicht wird durch Kalziumkristalle verursacht, während Arthrose durch den Verschleiß des Gelenkknorpels entsteht.
Kann Stress Pseudogicht auslösen?
Stress allein löst keine Pseudogicht aus, kann aber bestehende Symptome verschlimmern.
Welche Gelenke sind am häufigsten betroffen?
Das Kniegelenk ist am häufigsten betroffen, aber auch Handgelenke, Ellenbogen und Schultern können betroffen sein.
Katie Knight

MD, Pharmakologe. Gründerin und Chefredakteurin der Website ubergicht.de.

Behandlung und Prävention von Gicht